Samstag, 19. September 2020
Bratchäs, Totenköpfe, Drachentöter und andere Helden
Das alles konnten wir auf unserer Männer/Faustball Riegen - Reise erleben und erfahren. Unter der kompetenten Leitung von Fritz Waldmeier haben wir einen eher unbekannten Teil unseres Landes kennen gelernt, den Kanton Nidwalden.
Los gings um 8.01 am HB Winti und schon 1½ Std. später standen wir im Rotzloch. Was fast ein wenig unappetitlich tönt ist in Wirklichkeit ein interessanter Ort am Alpnachersee. Empfangen wurden wir von Klara Niederberger, die uns mit Charme und heimeligen Nidwaldnerdialekt noch den ganzen Tag begleiten sollte.
Zu regionalen Getränken oH (ohne Alkohol) und Sprinzmöckli wurden wir auf die uns neue Umgebung eingestimmt.
Dann gings hinauf durchs Rotzloch nach Ennetmoos wo wir vom Spielplatz aus einen schönen Überblick auf das Drachenried und die darüberliegende Drachenfluh hatten.
Dieses Gebiet war u.a. das Schlachtfeld wo sich am 9. Sept. 1798 die Nidwaldner gegen den Einmarsch der französischen Besatzungstruppen heldenhaft wehrten, aber schlussendlich die Schlacht verloren.
Kurzfassung eines Berichts von Kaplan Jakob Kaiser (1755 – 1821):
Die Franzosen mit übelgesinnten Schweizern aus dem Waadtland, Zürich- und Luzernergebiet, rund 10'000 Mann rückten gegen die Unterwaldner an. Diese waren mitsamt Hilfstruppen aus Uri und Schwyz kaum 2000 Mann. Die Nidwaldner verteilten sich auf 10 Posten, sie hatten 6 Kanonen in Richtung Luzern und 2 in Richtung Obwalden. So klein diese christliche Armee auch war, war sie doch voller Mut und mit dem Vorhaben belebt zu siegen, oder zu sterben.
Auf der Allweghöhe wo sich die Nidwaldner verschanzten und dem Feind grosse Verluste bescherten wird den Helden von damals mit einem Denkmal gedacht. Auch lernten wir aus der neueren Geschichte von der Festung Mueterschwandenberg und dass das Moorgebiet von polnischen Internierten ab 1941 trockengelegt wurde.
Doch zuvor hat sich gemäss der Aufzeichnung von Ägidius Tschudi grausiges auf diesem Gelände abgespielt. Ein Kampf mit einem Drachen. Der Herr Struth von Winkelried (nein, nicht der von der Schlacht bei Sempach) hat diesen heldenhaft besiegt indem er ihm einen Spies in den offenen Rachen stiess und mit seinem Schwert den Drachen zerstückelte.
Nach so viel Geschichte waren auch unsere Hälse trockengelegt und in der Pizzeria da Pippo konnte die nötige Feuchtigkeit wieder zugeführt werden.
Nach einstündigem Fussmarsch fielen wir in Stans, der Hauptstadt des Kantons, ein. Einwohnerzahl ca. 8400.
Stans, 1713 von einem Feuer fast vollständig zerstört, bot von der Gartenwirtschaft des Restaurants Linde mit Blick über den Kirchplatz einen fast hauptstädtischen Anblick.
Angeblickt, ja angestarrt wurden wir von hunderten, aus dunklen Höhlen starrenden Totenschädeln im Beinhaus zu Stans, während Klara Niederberger erzählte wie sie beim reinigen der Knochen Hand anlegte.
Fast hätte ich ihn vergessen, den berühmtesten Stanser Helden, den Noldi Winkelried. Für mich eine grosse Endtäuschung, denn Klara muss es ja wissen: Noldi’s Heldentat auf dem Schlachtfeld zu Sempach ist eine erfundene Geschichte. Ein Mythos.
Mit der Zentralbahn verabschiedeten wir uns von Geschichte Kultur und Helden in Richtung Dallenwil und weiter mit der Seilbahn hinauf nach Wirzweli. Mit Bezug der Unterkunft im Berghaus Gummenmattli und den anschliessenden Fussmarsch in den Huismatt-Gadä tauchten wir endgültig in die Welt der Wanderer und der Kulinarik.
Die Huismatt-Gade Man/Frauschaft empfing uns mit einer dekorativen Apéroplatte, mit all ihren Hausprodukten, sprich 6 verschiedene Käsesorten, Würste und Brot. Später im gemütlichen Gadä halfen wir einen Teil der 10t Käse, die der Betrieb jährlich produziert in Form von Bratchäs mit Gumel zu vertilgen. Zusammen mit einem feinen Walliser Weisswein einfach herrlich. Doch jetzt spielte ein Teil unsere Tischgesellschaft nidwaldnerische Eigensinnigkeit und bestellte „Roten“ zum Käse. Ein Stillbruch für die einen, aber wir sind hier ja im Kanton NW. Der Abend endete harmonisch, in dem wir für den Heimweg der gastfreundlichen Bauernfamilie die letzte Flasche Bier wegso…putzten.
Herrlich geschlafen in der komfortablen Gruppenunterkunft des Skiclub Stans, und das Z’morgebuffet war absolut viersternehotelwürdig. Da wurde zu Recht zugegriffen.
Gleich über die Strasse war die Talstation der Gondelbahn, die uns portionenweise auf die Gummenalp brachte. Bei idealem Wanderwetter ging es los zum Alpbeizli Chienärä. Auf rund 1400 ü.M wartete auf uns, wie soll es auch anders sein, - ein Älplerznüni mit was darauf? Richtig- Chäs!
Mit diesen zusätzlichen Kalorien fühlten wir uns fit für die 500 Höhenmeter aufs Stanserhorn. Bei idealen Bedingungen, nahmen die rüstigen Turner und Faustballer den Berg in Angriff. Ja logisch, ein paar Schweisstropfen wurden uns abgerungen, oder waren es Schweissbäche? Und unsere Atem- und Herzfrequenz war zeitweise auch im roten Bereich, aber geschafft haben wir es alle. Chapeau!!! Der leichte Regen der uns auf dem Gipfel empfing liess uns bald im Drehrestaurant Rondorama verschwinden.
Bei Regen kommt keinem normalen Menschen in den Sinn das Autodach zu öffnen. Nicht so wenn es gilt im weltweit einzigartigen Cabrio eine Talfahrt zu machen. Die wetterfesten Tössemer Turner und Faustballer trotzten Regen und Sturm auf dem Oberdeck und genossen es sichtlich.
Wir verliessen den Kanton der Helden und fühlten uns auch ein bisschen wie solche. Eine schöne, abwechslungsreiche und informative Turnfahrt ging zu Ende. Zufrieden mit dem Erlebten schnauften wir auf der Bahnfahrt zurück nach Winterthur durch unsere Masken. An dieser Stelle meinen besten Dank an Fritz Waldmeier für seine organisatorischen Vorarbeiten und souveräne Leitung.
Arthur Schweizer
PS: Übrigens hier noch ein Rat nicht nur für Männerriegler und Faustballer von Klara: Rosskastanien im Hosensack wirken für:
Vermeide das Schiff: Luzern ab 9.38 nach Stansstaad. Es fährt nämlich nicht. Corona lässt grüssen!
Fertig.