Freitag, 15. September 2023
Drunter und Drüber
Turnfahrt der Faustball- und Männerriege, TV Töss
15./16. September 2023
Ja, ich freute mich, als mich meine Turn- und Faustballkameraden wieder zum Berichterstatter wählten und kein Gegenkandidat in Sicht war. Als ich aber am Samstagabend ein Blick auf meinen Notizblock warf wurde mir mulmig, denn da standen nur drei Begriffe:
«Dem Schnaps einen Schritt voraus»
«äs Gäächs»
«Petra Büeler»
Und das soll für einen Reisebericht genügen?
Aufmunitioniert wurden wir in Herrgottsfrühe am Bahnhof Winterthur mit einem Gratisapfel. Sei es um uns aus dem Halbschlaf zu holen, oder als Stärkung für die Strapazen die uns erwarten. Fahrplanmässig erreichten wir die «City of Schwyz». Im Cafe/Restaurant Haug (Kaffee und Gipfel) bereiteten wir uns auf die vorgesehen Stadtführung vor.
Zu meiner Überraschung wurden wir von Tschännel dem Reisläufer empfangen, der sich wahllos bei allen möglichen Fürsten und Herren verpflichtet und so mehrere kleinere Kriege in Spanien, Frankreich und Italien mitgemacht hat. Nebenbei hat er auch etwas Kleinhandel betrieben. Reich ist er damit wahrlich nicht geworden, aber er hat die erstaunlichsten Geschichten erlebt und ist nicht als Krüppel, oder gar nicht mehr nach Hause gekommen. Stationen auf dem Umgang waren das Rathaus, das Herrenhaus Ital Reding, Hofstadt und andere Stationen. Tschännel hat uns mit seinen Geschichten in eine Welt verführt, die wir uns schwerlich vorstellen können. Auf jeden Fall war er dem Schnaps immer einen Schritt voraus.
Nach weniger als einer Stunde Fussmarsch sassen wir im Restaurant Erlen in Ibach zum Mittagessen und von da brauchten wir fast 1½ Stunden bis zur Station Stoosbahn. Nicht sehr freundlich ging der Schwyzer Bauer mit uns um, der uns älteren Herren zwang ein 3 Meter hohes Wiesenbord hinauf zu kraxeln, nur dass er seine Fahrt durch die «Hohle Gasse» hat fortsetzen können.
An der Bushaltestelle der Stoosbahn konnten wir noch die «unglaublich originelle Verkleidung» des unglaublich trostlosen Parkhauses aus Beton bestaunen, bevor uns der Bus zum Hotel Alpenblick in Muotathal brachte. Endlich angekommen im Tal der Wetter-schmöcker.
Der Zimmerbezug verlief reibungslos, also ohne Diskussionen wer mit wem, denn ein Höhepunkt des Tages stand noch bevor: Die Exkursion ins Hölloch.
Die gebuchte Tour sei mit einem Stadtspaziergang zu vergleichen machte uns die Höhlenexpertin Petra Büeler im Empfangszentrum klar. Für unsere Kurztour wurde uns ein Helm mit Stirnlampe verpasst. Das rote Übergwändli und die Stifel bleiben im Regal.
Höhlenwetterbericht: 6 °C, windstill, dunkel (immer), Luftfeuchtigkeit 98%.
Entsprechend angezogen machten wir uns auf den Weg zum Eingang der Höhle, den wir schweisstriefend nach 20 Min. erreichten. Jetzt geht’s nach DRUNTER. Natürlich bekommen wir von Petra noch viele Infos über die Höhle, wie wir uns verhalten sollen, etc. Die 2-stündige Tour verlangte für einige von uns einiges ab. Dieses dauernde Treppensteigen (auf- und abwärts) in Dunkelheit, nur beleuchtet von den Pfunzeln am Helm. Wir wurden informiert über Wetterwechsel, also Wassereinbrüchen und Sturmwinden. Von all dem wurden wir verschont, aber wir erlebten Dunkelheit bei gelöschten Lampen, und die absolute Stille während mindesten 3 Minuten. Keiner hätte es gewagt auch nur den leisesten Furz fahren zu lassen. Das nenne ich Disziplin!
Das Hölloch ist ein Labyrinth mit über 200 km erforschten Gängen. Unsere Tour ersparte uns das Kriechen durch enge Spalten. Ein Teil unserer Gruppe konnte noch erfahren wie es sich anfühlt in einen engen Spalt hinunter zu steigen. Dann blies Petra zum Rückzug und nach gefühlten 200 Tritten eröffnete sich vor uns eine mit Kerzenlicht durchflutete Katakombe. Hier erwartete uns ein Team, das für uns auf weiss gedeckten Tischen Getränke und ein Höhlen-Raclette bereit hielt. In dieser speziellen Atmosphäre schmeckte der über Kerzen geschmolzene Käse, die Gummel (für Kartoffel in der Innerschweiz) und der Fendant doppelt gut. Von Petra erfuhren wir auch wie man Höhlenführerin oder Höhlenforscher wird. Sie ist auch ausgebildete Höhlenretterin, wie mir scheint eine nervenstarke Frau.
Auch wenn wir nur 700 m eines der grössten Höhlensysteme der Welt «erforscht» hatten hinterliess der Besuch ein starker Eindruck, auch körperlich.
Es war jetzt auch draussen dunkel als wir uns zurück in Richtung Hotel schleppten. Jetzt brauchte es noch «äs Gäächs» oder zwei, um das erlebte zu verdauen. Das Muotathaler Wildiheubier war genau das Richtige.
Tag 2
Nach einer ruhigen Nacht und einem reichhaltigen Z’Morge zwängten wir uns in einen Kleinbus. Auf der recht schmalen Pragel-Passstrasse brachte uns dieser auf 1375m in den Eigeliswald. Im Vorfeld entstanden noch Diskussionen um die normale, mittlere oder leichtere Wanderroute
Doch wenn es konkret wird, wird einfach losgewandert, und so war es auch. Angenehm ansteigend mit gelegentlichem Ausblick ins Muotathal und in die um uns liegende Bergwelt rasteten wir zum Zmittag, im Chalbertal. Zum Mittagsschlaf reicht es nicht, dafür ging es nochmals obsi. Auf dem Flöschen, 1680 m erreichten wir den höchsten Punkt DRÜBER und von da gings nur noch bergab zur Alpwirtschaft Roggenloch.
Der Durst war gross und gar riesig waren die «Muotathaler Meringues mit eigener Nidlä» denen die Liebhabern für Süsses nicht widerstehen konnten. Nein, die Nidlä ist nicht aus einem Rahmbläser geblasen, sondern wie sich’s gehört geschlagen. Die Wirtin versicherte uns das. Das entfachte eine Diskussion unter uns, ob geblasene oder ungeblasene Nidlä besser schmeckt.
Eigentlich lag noch ein 1½- stündiger Abstieg zum Ausgangspunkt der Wanderung vor uns. Eigentlich, denn was für die Süsslinge die Muotathaler Meringues waren, sind für andere Wein und Zigarren. Während das Erste innert Minuten heruntergeschlabbert ist, wird das Zweite gebührend konsumiert und braucht seine Zeit. Und so spalteten sich die Tössemer in zwei Gruppen, - in die Absteiger und die Festbankkleber.
Die Überhöckler wurden vom Taxi abgeholt und die unersättlichen Wanderer durften später zusteigen.
Rassig ging es mit dem Büsli-Taxi nach Muotathal hinunter, und weiter mit dem Bus in Richtung Bahnhof Schwyz. Ab Zwischenhalt Stossbahn wandelte sich der Bus in eine Sardinendose. Wir überlebten auch das und erreichten Winti HB pünktlich 18.59.
Unterwegs im Zug haben wir unser Restgeld unserem lieben Fritz Waldmeier übergeben, dem ich auf diesem Weg herzlich danke für die Organisation eines abwechslungsreichen Programms und die umsichtige und unaufgeregte Leitung.
Gedankt sei auch der Faustballriege für die Übernahme der Kaffi/Gipfeli Rechnung im Cafe Haug, Schwyz, und den Geburtstags- (Kinder sind sie nicht mehr) Jubilaren, die eine Runde spendeten.
Reisen bildet bekanntlich, und auch in diesen zwei schönen Tagen ist etwas hängen geblieben. In diesem Sinne freue ich mich auf die Turnfahrt 2024.
Arthur Schweizer
Winterthur, 07.Oktober 2023